Schlagworte: alter Mann, Stuhl, dunkel, rot
Entstanden: 1652
National Gallery, London
Öl, Leinwand, 111 X 88 cm
13 Stimmen:
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Raimund Philipp 20.09.2018, 11:18 Uhr
Wir alle sind dieser alte Mann.
Weil wir uns unserer Sterblichkeit nicht bewusst sind.
Der Alte hat keine Lebenskraft mehr.
Er hängt im Stuhl als ob er jeden Moment runter fallen könnte.
Sein rechter Arm hält den geneigten Kopf passiv. Die Kraft dafür kommt aus der Sessellehne.
Es scheint man hat den Alten aus dem Bett geholt, ihm den besten Morgenmantel angezogen, und noch den schönsten Schmuck angelegt, ready for Porträt.
Es war gefährlich von Rembrandt porträtiert zu werden. Man wusste nie was dabei herauskommt.
Hier sitzt ein alter Mann auf einem Lehnstuhl eingebettet in einen undefinierbaren, fast schon bedrohlich wirkenden Farbhintergrund.
Selbst seine Körperlichkeit ist nur in dicken Pinselstrichen angedeutet und nicht wirklich ausgeführt.
Es geht nicht um die Darstellung der äußeren Realität sondern die Fixierung der inneren Wahrheit eines Menschen in Farbe auf einem Stück Leinwand.
Je tiefer der Maler eindringt, desto zeitloser wird sein Werk. Wahrheit bleibt bestehen.
Der Alte umklammert mit der linken Hand die Lehne seines Sessels, als ob er die Lebensrealität die er noch in sich trägt festhalten wolle.
Aber es gibt keine Chance, wie stark er auch klammert, der Tod wird kommen. Und der Maler hat es gesehen.
Seine leeren Augen scheinen zu sinnieren. Ja, er spürt etwas. Etwas nicht greifbares, unabwendbares, schicksalhaftes, genau so verschwommen wie der Hintergrund des Bildes. Was ist das, was in seinem Unbewussten rumort?
Es ist der Tod.
Aber das was sein Körper bereits weiß, erscheint in seinem Bewusstsein nicht als Klarheit.
Ein menschliches Leben wird zu Ende gehen ohne erblühte, erwachte Seele. Genau so sinnlos wie das Leben geführt wurde wird es zu Ende gehen.
Der Mann dachte es wird ein Porträt zu seinen Ehren von einem großen Maler gemalt.
Das dieser Ihn auf den Stuhl des kommenden Todes gesetzt hat, das hat er nicht gesehen, auch seine Umgebung nicht.
Insofern könnte man dem Bild etwas Bösartiges unterstellen.
Aber so arbeitet der wirkliche Künstler. Wie ein Chirurg schneidet er die Lebenslüge auf und entblößt die darunter liegende Wahrheit. Und nur das kann helfen.
Und damit ist die gesamte Menschheit porträtiert. Denn wer kann schon sagen es ginge ihm besser?
Nur ein wirklich gelebtes Leben kann auch mit wirklichem Sterben enden, ohne dieses Nichtwissen mit in den Tod zu nehmen.
Jeder der dieses Bild begreift wird sich auf den Weg machen. Hier ist die Richtung vorgegeben.
Sterben können heißt Leben können.
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